Onlinedienste haben die Medienwelt revolutioniert. ARD, ZDF und Deutschlandradio müssen sich neu aufstellen, wenn sie ihre Akzeptanz bei den Beitragszahlern sichern wollen. […]
Der WDR ist als größte und mächtigste Anstalt der Ansager im ARD-Verbund. Kann der Sender zum Motor für Reformen werden?
Leonard Novy: Deswegen ist die Wahl Vernaus bemerkenswert – und am Ende möglicherweise eine historische. So dürfte sich in ihrer Amtszeit die Zukunft von ARD & ZDF entscheiden: abgehängt von Netflix, tiktok & Co und von den Nutzern, ihren Auftraggebern, links liegen gelassen wie ein altes Möbelstück. Oder als gesellschaftlich breit verankerte und technisch innovative Informations- und Diskursanbieter, die den öffentlich-rechtlichen Grundgedanken unter sich verändernden Vorzeichen fortwährend neue Geltung verschaffen. Dafür muss der WDR als größte ARD-Anstalt tatsächlich vorangehen und im besten Sinne des Föderalismus Impulse für das gesamte System liefern, statt nur darüber zu reden.
Stephan Russ-Mohl: Die Medienpolitik in Deutschland sowie ARD und ZDF sind leider so konstruiert, dass der Selbstblockade kaum zu entrinnen ist. Auch das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Rechtsprechung bisher eher die Selbstgefälligkeit als die Beweglichkeit des ÖRR befördert. Helfen würde wohl nur ziviler Ungehorsam, sprich: ein Gebührenboykott, den alle mittragen, die den ÖRR an seinen Programmauftrag erinnern möchten. Leider droht dieser ja in der Aufmerksamkeitsökonomie und im Kampf um kulturelle Hegemonie verlorenzugehen.
Sabine Schiffer: Katrin Vernau gilt als erfolgreiche Saniererin des skandalgeschüttelten RBB. Gerne wird ihre nicht-journalistische Herkunft betont, aber aus der Verwaltung heraus lässt sich Unternehmenslogik durchschauen. Und Strukturreformen stehen an: Synergieeffekte nutzen, Outsourcing evaluieren, Programmmachen durch sichere Arbeitsverhältnisse stärken, die privilegierten Sonnendecks abbauen, Qualitätskontrolle stärken.
Quelle: DIMBB-Medien