Die Bundesregierung muss jetzt Medienpolitik machen und die Plattformen regulieren – sonst ist es mit der Medienvielfalt und pluralen demokratischen Öffentlichkeit bald vorbei. EU, Bund und Länder sind gefragt. […]
Doch schon heute gehen 44 Prozent der weltweiten Werbeausgaben an nur drei Unternehmen: Alphabet, Amazon und Meta. In Deutschland sind es 49 Prozent der gesamten Netto-Werbeumsätze beziehungsweise 72 Prozent der Digitalumsätze. Dabei sind die „Big Techs“ neben den nationalen in regionalen Medienmärkten aktiv, in denen Radiosender und Lokalzeitungen ihre Wertschöpfung generieren.
Die Wertschöpfungskette ist so verschoben, dass die Produktion von journalistischen und kreativen Inhalten, die ein demokratiesicherndes Gegengewicht zu Fehl- und Desinformation bieten, ein hohes unternehmerisches Risiko in sich trägt, während die Gatekeeper immer größere Erträge abschöpfen. Die Werbemärkte wachsen zunehmend an den Medien vorbei. Noch schwerer wiegt die Asymmetrie beim Zugang zu Daten. Big-Tech-Konzerne verfügen über exakte Nutzerprofile und steuern damit ihre Werbesysteme, während Inhalteanbieter nur Reichweitenzahlen sehen, jedoch kaum Informationen über Nutzungsintensität oder konkretes Verhalten ihrer Zielgruppen erhalten. Ohne diese Daten ist es nicht möglich, bei Werbevermarktung und Entwicklung neuer digitaler Produkte mitzuhalten. […]
Die Künstliche Intelligenz mit Entwicklungen wie Googles „AI Overviews“ verschiebt das Kräfteverhältnis weiter. Die Plattform nutzt fremde Inhalte von Publishern, um durch ihre Zusammenfassung ein eigenes Konkurrenzprodukt zu erstellen. […]
Ohne steuernde Eingriffe werden sich Werbemacht und Datenhoheit bei wenigen globalen Gatekeepern verfestigen, perpetuiert durch die rasante Entwicklung von KI. Um Vielfalt, Innovation und Wettbewerb zu sichern, müssen drei Dinge von der Politik konsequent und dringend umgesetzt werden. […]
Private Medien brauchen faire Rahmenbedingungen, um ihre Angebote zu refinanzieren. Das umfasst den gleichberechtigten Zugang zu Werbemärkten – ohne erzwungene Umsatzmodelle oder exklusiven Technologiezwang – ebenso wie die Auffindbarkeit ihrer Angebote auf den Plattformen. Refinanzierung erfordert maximale Beinfreiheit für unternehmerische Entscheidungen. Sie darf nicht durch Werbeverbote, überschießende Regulierung von adressierter Werbung oder Quoten- und Investitionsverpflichtungen eingeschränkt werden. Besonders schwierig wird es, wenn Daten- oder Verbraucherschutz die Refinanzierung tangieren – etwa mit Regelungen zu Abo-Laufzeiten oder mit ungleichen Einwilligungsanforderungen zur Datenverwendung. […]
Plattformregulierung ist nicht verhandelbar, sondern Teil der digitalen Souveränität. Die Entscheidung der EU-Kommission, Regeln einheitlich anzuwenden und Google wegen Missbrauchs seiner Marktmacht im Bereich der Onlinewerbung („AdTech“) zu sanktionieren sowie zur Beseitigung seiner Interessenkonflikte zu verpflichten, zeugt von diesem Verständnis. […]
Auf nationaler Ebene sollte der Digitale-Medien-Staatsvertrag, an dem die Länder arbeiten, neue Intermediärfunktionen – etwa KI-Suchdienste – abdecken. Ebenso sollte das Diskriminierungsverbot auf Medienintermediäre erweitert und die Regulierung der Auffindbarkeit auf sie erstreckt werden. Outlinks zu Medieninhalten sollten umfassend ermöglicht werden.
Quelle: DIMBB Medien