12. Juli 2024

Reform des Programmauftrags im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk

Die Corona-Pandemie hat uns die Bedeutung von Kultur und Information deutlich vor Augen geführt. Dies wird auch politisch ernst genommen, was sich im neuen Medienstaatsvertrag widerspiegelt, der seit diesem Jahr in Kraft ist. Hierbei wurde der Fokus auf Kultur von einer nachgeordneten Rolle in eine vorrangige Position vor Bildung, Information und Beratung verschoben. Unterhaltung wurde dabei in einen separaten Abschnitt verlagert.

Allerdings hapert es bei der Umsetzung des Kulturauftrags, wie Alexander Teske in der „Taz“ feststellt. Aufgrund von Sparmaßnahmen sind die öffentlich-rechtlichen Sender gezwungen, ihre Budgets zu kürzen. Beim MDR müssen die Abteilungen Unterhaltung und Fiktion 39 Prozent der Einsparungen tragen, Information 19 Prozent, während Kultur mit 5 Prozent relativ moderat belastet wird. Dennoch sind diese 2,3 Millionen Euro Kürzungen schmerzhaft, da in den vergangenen Jahren bereits stark in diesem Bereich gespart wurde. So wendete die ARD 2022 nur 14,7 Millionen Euro für Kultur und Wissenschaft auf, während Sport mit 431 Millionen Euro und Unterhaltung mit 245 Millionen Euro deutlich höher budgetiert waren.

Im Programm der ARD wird deutlich, wie sich der Kulturbegriff verändert hat. Ein SWR-Redakteur berichtet anonym, dass weniger Opernrezensionen und mehr Street-Art gefragt seien. Auch beim MDR wird unter „Kultur“ oft Themen wie „Urlaub in Sachsen: Die besten Tipps für tolle Ausflugsziele“ präsentiert. Eine Kulturredakteurin kritisiert, dass Hochkultur zum Schimpfwort geworden sei und Klickzahlen sowie Marketing im Vordergrund stünden, vergleichbar mit privaten Anbietern.

Auch in der Informationsabteilung sind ähnliche Trends zu beobachten, wie René Martens in „EPD Medien“ vom Dokville berichtet. Die Tagung stand unter dem Motto „Krieg und Desinformation“, doch eine größere Herausforderung ist der Wettbewerb mit Streaming-Diensten und Mediatheken. ARD-Programmdirektorin Christine Strobl betonte die Notwendigkeit von „Leuchttürmen“ und größeren Budgets, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Sie hob Dokumentationen und Dokuserien hervor, die auf prominente Köpfe setzen, während andere Projekte ins Hintertreffen geraten könnten.

Julian Vogel, „Grimme“-Preisträger und Filmemacher, kritisierte auf dem Podium, dass in der Mediatheken-Welt das Thema eines Films innerhalb der ersten zehn Sekunden klar sein müsse, was für Dokumentarfilme nicht zutreffe. Er betonte, dass Dokumentarfilme eine spezifische Kulturtechnik darstellen, die im Widerspruch zur Natur der Mediatheken stehe.

Auf der anderen Seite haben Telenovelas von der Mediathek profitiert. Die ARD hatte ursprünglich geplant, „Sturm der Liebe“ und „Rote Rosen“ auf halbe Episodenlänge zu kürzen, nahm diese Entscheidung jedoch zurück. Beide Serien seien beim Publikum sehr beliebt und erzielten Spitzenreichweiten in der ARD-Mediathek. Testläufe für Ersatz im Nachmittagsprogramm stießen auf schwache Resonanz und eine Kürzung hätte die Herstellungskosten nicht proportional gesenkt, wodurch die Sendeminute teurer geworden wäre. Zudem haben Sender wie Pro-Sieben-Sat.1 und internationale Streamer wie Disney Plus das Genre der Telenovela wiederentdeckt.

Ein weiterer Faktor könnte sein, dass die Kürzungen die Sender selbst betroffen hätten. „Rote Rosen“ wird von der NDR-Tochter Studio Hamburg Serienwerft produziert, „Sturm der Liebe“ von der WDR-Tochter Bavaria Fiction. Durch Optimierung der Produktionsabläufe und Umschichtungen im Etat konnte das Fortbestehen der Serien in gewohnter Länge bis 2027 gesichert werden, wie Strobl erklärte.

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