21. Oktober 2025

Scheitert der Reformstaatsvertrag noch?

ÖRR-Reformen auf der Kippe: Das ist der Stand in Sachsen

Mit dem Reformstaatsvertrag wollen die Bundesländer den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reformieren. Ob der Landtag in Sachsen zustimmt, ist aber nach wie vor unklar. Regierung und Opposition sehen die jeweils andere Seite in der Pflicht – und das könnte zum Problem werden. […]

Vorausgesetzt, alle 51 Abgeordneten von CDU und SPD stimmen für den Reformstaatsvertrag, müssten noch immer 10 Politikerinnen und Politiker aus anderen Parteien zustimmen. Wenn BSW und AfD geschlossen ablehnen, bleiben nur Grüne und Linke, die aber nur auf sieben bzw. sechs Abgeordnete kommen. Im Parlament gibt es darüber hinaus einen fraktionslosen Abgeordneten. […]

In der Opposition ärgert man sich über das Vorgehen von Union und SPD. Claudia Maicher, medienpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, sagt gegenüber DWDL.de: “Bis heute haben CDU und SPD als regierungstragende Fraktionen keinen ernsthaften Versuch unternommen, über Mehrheiten für diesen – nie konsultierten – Staatsvertrag zu verhandeln. Sie überlassen diese Abstimmung zufälligen Mehrheiten. Das ist unverantwortlich. Wir stehen immer für Gespräche bereit, wenn diese ernsthaft gewollt sind.”

Die Enthaltung im Ausschuss begründet Maicher mit einer inhaltlichen Abwägung. “Vor allem das rigide Verbot der ‘Presseähnlichkeit’ ist ein staatlich verordneter Sichtbarkeits- und Relevanzverlust. Es schneidet den ÖRR von der Meinungsbildung in Social Media und damit auch von jüngeren Zielgruppen ab, wenn er keine eigenständigen Texte unabhängig von zuvor produzierten Audio- oder Videobeiträgen veröffentlichen darf.” Der Abbau von Hörfunk- und Fernsehspartenprogrammen könne zudem kaum zu umfangreichen Einsparungen führen. Dringender ist nach Meinung von Claudia Maicher ohnehin die Reform der Rundfunkfinanzierung. […]

Und auch bei der Linken kritisiert man die im Länderkreis innerhalb der Rundfunkkommission beschlossenen Reformen. Luise Neuhaus-Wartenberg, medienpolitische Sprecherin der Partei in Sachsen, sagt: “Man stelle sich vor: Die neue Bahnchefin Evelyn Palla würde ihren Job mit einem neuen Kursbuch und der Ankündigung vieler Streckenstilllegungen beginnen. Nahverkehrszüge würden wegen ,Busähnlichkeit‘ gestrichen, ganze Regionen abgehängt – und das Ganze als ,bessere Bahn für weniger Geld‘ verkauft. Ähnliches passiert gerade mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Was als zukunftsweisende Reform angekündigt wird, ist ein Kürzungsfahrplan mit dem Etikett ,Innovation‘.”

Man blockiere keine Veränderungen, wolle aber auch nicht in einen Zug einsteigen, “dessen Bremsen klemmen und dessen Fahrplan niemand erklären kann”, so Neuhaus-Wartenberg weiter. “Dieser Staatsvertrag stärkt nicht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wie es dringend erforderlich wäre, sondern er schwächt ihn.” […]

Sollte die Umsetzung an Sachsen scheitern, wäre der gesamte Reformprozess um Jahre zurückgeworfen. Es wäre auch eine persönliche Niederlage für Ministerpräsident Michael Kretschmer: Sachsen ist aktuell Co-Vorsitzland in der Rundfunkkommission. In dieser Funktion hat auch Kretschmer die Reformen vorangetrieben. […]

Nun ist der Druck, zumindest diese Reformen durchzubringen, auf allen Seiten groß. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und medienpolitischer Sprecher der sächsischen CDU-Landtagsfraktion, Andreas Nowak, sagt gegenüber DWDL.de: “Es ist jetzt auch die Verantwortung der Opposition, den Einstieg in die dringend notwendigen Reformen beim Öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu ermöglichen. Politische Preise wird die CDU dafür allerdings nicht zahlen. Allen sollte bewusst sein, dass es beim ÖRR nicht einfach so weitergehen kann.” Über von Grünen und Linken angeblich geforderte “politische Preise”, etwa die Zustimmung bei anderen Medienthemen, hatte vor einiger Zeit auch die “FAZ” schon berichtet. 

https://www.dwdl.de/magazin/104190/oerrreformen_auf_der_kippe_das_ist_der_stand_in_sachsen/

Quelle: DIMBB-MEDIEN-News

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