3. September 2025

“Der freie Medienmarkt erlebt einen bedrohlichen ‘Squeeze-Out'”

MFE will ProSiebenSat.1 übernehmen, RTL wiederum Sky. ARD & ZDF sollen sich öffnen, die Streamer investieren und Plattformen zahlen. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer über Stärken & Schwächen des deutschen Marktes, Fehler der Kartellpolitik und warum Google die größte Gefahr ist. […]

Als Staatsminister ist man Förderer und Ermöglicher. Ich vertrete das Interesse Deutschlands engagiert, in diesem Fall den Medienstandort, den ich in all seinen Facetten stärken will. Nicht nur, dass hier gute Arbeitsplätze entstehen, erfolgreiche Unternehmen gedeihen können, sondern auch, dass Medienvielfalt erhalten bleibt und auch die journalistische Freiheit und demokratische Integrität gewahrt sind. Das ist die politische Rahmenaufgabe und Sie haben natürlich recht: Das Mediengeschäft internationalisiert sich in rasanter Weise und wir beobachten im Moment eine Tendenz, die den deutschen Medienstandort eher schwächt. Das liegt vor allem an den Monopolisierungs-Tendenzen großer amerikanischer Plattformen, die in Deutschland sehr erfolgreich unterwegs sind, aber eben durch ihren Erfolg und durch ihre Monopolstrukturen auch den Medienstandort nachteilig beeinflussen. […]

Wir sind im internationalen Wettbewerb der Standorte über einen längeren Zeitraum zurückgefallen. Wenn man heute vergleicht, wo die deutschen Medienkonzerne in den 90er und 2000er Jahren standen, im internationalen Wettbewerb, übrigens auch im europäischen Vergleich, dann waren wir deutlich stärker als wir es heute sind. Das hat verschiedene Gründe. […]

Ein Grund ist die Standortschwäche Deutschlands insgesamt, also die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die sind in Deutschland in den letzten Jahren nicht so günstig gewesen. Deswegen haben wir drei Jahre Rezession hinter uns und große Probleme, den globalen Wettbewerb überhaupt zu bestehen. Aber die neue Bundesregierung arbeitet daran, dass wir wieder wettbewerbsfähiger und attraktiver als Standort werden. Und das zweite Problem: In einem globalen Wettbewerb der Konzentration ist die deutsche Sprache ein Nachteil. Unser Sprachraum ist halt klein im globalen Wettbewerb, da haben natürlich die Angelsachsen einen strukturellen Vorteil. Der Sprachraum beschützt auf der anderen Seite aber auch bestimmte Medien und Geschäftsmodelle. Aber im großen Ganzen ist das ein Nachteil im globalen Wettbewerb und den müssen wir ausgleichen durch besondere Kompetenz in anderen Feldern. […]

Schauen Sie auf unsere großen Buchverlage. Das ist ja ein, wenn man so will, sehr oldschooliges Geschäft, auch eins, wo die Sprachbarriere natürlich ein Thema ist und wo bestimmte Kostennachteile im Produktionsstandort auch gegeben sind. Und trotzdem haben es die deutschen Buchverlage geschafft, im globalen Wettbewerb herausragende Positionen zu erobern. Das heißt, da sieht man: Es geht! […]

Wir sehen schwere ökonomische Erschütterungen, weil sich das Werbegeschäft und dann mit der Nutzung auch die öffentliche Willensbildung bei Google und anderen Plattform konzentriert. Der freie Medienmarkt erlebt einen „Squeeze-Out“ und das ist bedrohlich. […]

Wie verhindern wir, dass nicht nur 90 Prozent des Suchmaschinenmarktes von einer Firma kontrolliert wird, sondern auch der allergrößte Teil des Werbemarktes? Denn wenn hier ein Monopol dieser wirtschaftlichen Kraft entsteht, das sich auch noch politisieren kann, uns auch technologisch in der Hand hat – von der Cloud über die Infrastruktur bis zu den Daten – dann haben wir nicht nur ein medienpolitisches sondern gesellschaftliches Problem. Und in den letzten zwölf Monaten haben wir ein neues Level erreicht. […]

Wurde eine zeitlang KI als Wettbewerb für Googles Position gesehen, hat Google nun seine KI integriert und sorgt dafür, dass Durchklickraten dramatisch gesunken sind. Die Nutzerinnen und Nutzer suchen etwas, bekommen bei KI die Antwort und klicken nicht mehr auf Websites, die die Information zur Verfügung gestellt haben. Wir reden von Rückgängen zwischen 30 bis 50 Prozent und das erschüttert zusätzlich die Refinanzierungsbasis aller, die im Internet mit eigenen Inhalten Geld verdienen wollen. Google hat das Internet neu erfunden mit der kompletten Integration von KI und das beschleunigt diese Konzentrationsprozesse geradezu schockartig. […]

Und jetzt haben aber die Privaten so viele Erlöse an die Plattformen verloren, dass der Markt in eine Schieflage gekommen ist. Und das ist natürlich nicht gut. Nicht nur die Privatsender übrigens. Aus meiner Sicht wäre es denn auch geboten, dass die Öffentlich-Rechtlichen auch den Verlegern und der Zeitungs- und Zeitschriftenwirtschaft entgegenkommen. Da gibt es ja wichtige Debatten, wer was im Internet genau machen sollte? Aus meiner Sicht, wäre es klug, wenn die Öffentlich-Rechtlichen erkennen, dass Medienvielfalt nur dann erhalten ist, wenn sie nicht regional, thematisch und textlich überall reingehen, sondern den anderen auch noch Räume lassen. Es ist am Ende gut, wenn möglichst viele für einen vielfältigen Journalismus sorgen. […]

Dieser notwendige Reformprozess betrifft z.B. auch die Deutsche Welle. Bundesseitig müssen wir aktiv mit den Bundesländern zusammenarbeiten, z.B. auch im Bereich des Kartell- und Wettbewerbsrechts.

https://www.dwdl.de/interviews/103577/der_freie_medienmarkt_erlebt_einen_bedrohlichen_squeezeout/

 

Redaktionelle Unabhängigkeit von ProSiebenSat.1 soll bleiben

Treffen von Kulturstaatsminister Weimer mit MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi – MFE-Holding bekenne sich zum Standort Deutschland

https://www.derstandard.at/story/3000000286050/redaktionelle-unabhaengigkeit-von-prosiebensat1-soll-bleiben

“Möchten lokaleres Angebot”

MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi hat im Gespräch mit Wolfram Weimer erklärt, nach der Übernahme durch MFE solle ProSiebenSat.1 sogar ein “noch lokaleres Angebot” produzieren, redaktionell unabhängig bleiben – und seine Steuern weiter in Deutschland zahlen.

Berlusconi verspricht mehr Nachrichten, Unterhaltung und Serien

https://www.dwdl.de/nachrichten/103615/berlusconi_verspricht_mehr_nachrichten_unterhaltung_und_serien/

Berlusconi und Weimer betonen Unabhängigkeit von Pro Sieben Sat.1

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer und Pier Silvio Berlusconi haben über die Zukunft von Pro Sieben Sat.1 gesprochen. Die journalistische Unabhängigkeit der Sender und München als Standort sicherte Berlusconi zu. […]

Pier Silvio Berlusconi bekannte sich zur „Wahrung redaktioneller und journalistischer Freiheit“ und dazu, „Pluralität zu fördern und allen Stimmen Gehör zu verschaffen. Wir möchten ein lokaleres Angebot produzieren und anbieten, das noch stärker auf das deutsche Publikum zugeschnitten ist: mit mehr Nachrichten, mehr Unterhaltungssendungen und mehr Fernsehserien – und im Laufe der Zeit weniger zugekauften Formaten –, so, wie wir es bereits in Italien und Spanien praktizieren. Wir wollen Arbeitsplätze erhalten und die Verankerung von Pro Sieben Sat.1 in Bayern, in Deutschland und im gesamten deutschsprachigen Raum stärken.“

Sein Ziel sei es, „eine paneuropäische Rundfunk- und Mediengruppe zu schaffen, die in der Lage ist, sich gegen die globalen Technologiegiganten zu behaupten und mit ihnen im Wettbewerb zu bestehen“.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien-und-film/medienpolitik/berlusconi-verspricht-unabhaengigkeit-und-muenchen-als-standort-von-pro-sieben-sat-1-110666991.html

Auch Berlusconi gab Einblicke in seine Vision für ProSiebenSat.1. Branchenkenner dürften nicht überrascht sein. Denn sein Plan war zuletzt immer schon Thema gewesen und in Kernpunkten vom jetzigen Management auch schon umgesetzt worden. Einerseits, das ist klar, sollen durch eine Fusion Synergien geschaffen werden – ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag könne mittelfristig jährlich gespart werden, hieß es schon vor Wochen. Mit Blick auf das Programm – und darum ging es ja beim Treffen mit Weimer – erklärte Berlusconi, dass ProSiebenSat.1 künftig ein noch lokaleres Programm als bisher produzieren soll. Beide Seiten bekräftigten, dass ein starker europäischer Medienmarkt nur gelingen könne, wenn Standortsicherheit, unabhängiger Journalismus und lokale Inhalte Hand in Hand gingen.

Schon in den jüngsten Jahren hatten die Sender der Gruppe die Zahl von Lizenzformaten oder -filmen aus dem Ausland reduziert und den Anteil an eigenproduzierter Ware erhöht. Berlusconi gab nun die Richtung vor. Geht es nach ihm, soll ProSiebenSat.1 fortan „mehr Nachrichten“, „mehr Unterhaltungssendungen“ und „mehr Fernsehserien“ produzieren. So werde es bereits schon in Italien und Spanien praktiziert. Es sind Worte, die insbesondere die Produktionslandschaft gerne hören wird. Eine Erhöhung ins Invest deutscher Produktionen scheint zumindest nicht ausgeschlossen. […]

Wichtig für das Team in Unterföhring: Berlusconi sagte, man wolle Arbeitsplätze erhalten. Das ist eine gewichtige Botschaft für ein Unternehmen, in dem es zuletzt Sparrunde um Sparrunde gab.

https://www.digitalfernsehen.de/news/medien-news/maerkte/berlusconi-selbst-spricht-so-soll-prosiebensat-1-werden-1157029/

MFE machte in dem Treffen deutlich, dass der deutsche Markt ein zentraler Bestandteil der Konzernstrategie sein soll. Der Fokus liege auf Investitionen in die Produktion lokaler Inhalte und den Aufbau eines Medien- und Streaming-Plattformgeschäfts.

München werde als bedeutender Standort für Inhalte, Innovation und Beschäftigung weiterentwickelt. Zudem bekräftigte MFE, Steuern dort zu entrichten, wo Sender betrieben und Inhalte produziert werden – und damit die fiskalische Wertschöpfung für das deutsche Geschäft im Land zu belassen.

https://www.blickpunktfilm.de/tv/besuch-beim-bkm-pier-silvio-berlusconi-zur-p7s1-uebernahme-mehr-nachrichten-unterhaltung-und-serien-fa73aeca9ec4815bce55f57224b7807f

MFE übernimmt ProSiebenSat.1: Pier Silvio Berlusconi bei Wolfram Weimer

https://www.deutschlandfunk.de/mfe-uebernimmt-prosiebensat-1-pier-silvio-berlusconi-bei-wolfram-weimer-100.html

ProSiebenSat1 unter Berlusconi – Was heißt das für den Medienmarkt? – Interview mit Bjørn von Rimscha

https://www.deutschlandfunk.de/prosiebensat1-unter-berlusconi-was-heisst-das-fuer-den-medienmarkt-100.html

Quelle: DIMBB Media

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