Jede unprofessionelle Bastelei an der Tagesschau ist für die Öffentlich-Rechtlichen brandgefährlich
Die 20-Uhr-Tagesschau ist das Flaggschiff der ARD. Nun soll dieser Klassiker modernisiert werden. Und viele fragen sich: Geht’s noch? […]
Idee und Anstoß dazu soll die Schäuble-Tochter Christine Strobl geliefert haben, seit 2021 ARD-Programmdirektorin (und damit Vorsitzende der Fernseh-Programmkonferenz) und seit 1996 mit Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl verheiratet.
Staatsferne? Politik- und Parteiferne im öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Christine Strobl scheint getrieben zu sein vom Drang nach Veränderungen um der Veränderung willen. Angeblich will sie mehr Unterhaltung im Programm und (noch) mehr Nachrichten. Dabei zielt sie nun zum Entsetzen altgedienter TV-Experten in der ARD auf den Leuchtturm 20-Uhr-Tagesschau, die „modernisiert“ werden soll. […]
Das Weltgeschehen in 15 Minuten. Jetzt soll das Angebot auf eine halbe Stunde ausgeweitet werden. Das Mediennutzungsverhalten habe sich spürbar geändert, heißt es. Dabei wird unter anderem die zumutbare Dauer der Aufmerksamkeit des Publikums als Argument angeführt. […]
Jede unprofessionelle Bastelei am ARD-Flaggschiff „20-Uhr-Tagesschau“ ist für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland jedenfalls brandgefährlich. Denn sie provoziert früher oder später die Frage nach einer möglichen Zusammenlegung der beiden Systeme.
Nur noch das ZDF-Programm mit 30-minütigen regionalen Einschnitten? Eine ungeheure Kostenersparnis. In einer Zeit, da die 20-Uhr-Tagesschau den ganzen Tag über von „tagesschau 24“ und mehreren weiteren Ausgaben ergänzt wird, da im Stundentakt „heuteXpress“ übers Weltgeschehen informiert und die Videotext-Angebote von ARD und ZDF seit 1980 durchgehend die Kleist-Formel erfüllen zu berichten, was in der Welt vorfällt, siedelt der Vorschlag, die 20-Uhr-Tagesschau von 15 auf 30 Minuten zu erweitern im Bereich des groben Unfugs.
Der ARD-Nachrichtensprecher verkündet eine vermeintliche Revolution bei den „Tagesthemen“. Die ist in Wahrheit weniger groß als gedacht, weckt aber bei den News-Fans auf Instagram böse Ahnungen.
https://www.sueddeutsche.de/medien/ard-tagesthemen-jens-riewa-nachrichtenblock-li.3263978
Jens Riewa kündigt radikale Änderung bei Tagesthemen an – Zuschauer empört
Der ARD-Sprecher verkündet das Ende des Nachrichtenblocks bei den Wochenendausgaben der Tagesthemen. Da hat der Tagesschau-Chefsprecher jetzt frei. Die Zuschauer reagieren verärgert. […]
Obwohl das Statement eher familiär und selbstironisch gehalten ist, gibt es in den Kommentaren heftigen Widerspruch. Manche vermuten Personaleinsparungen, sehen die Seriosität der ARD-Nachrichten in Gefahr und unterstreichen den Informationsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Viele werden die Kombination aus Hintergrundinformationen und Magazininhalten mit den Nachrichtenblöcken vermissen.
Der Schritt fällt in eine Reihe von Veränderungen bei den Öffentlich-Rechtlichen, die unter dem Motto „Näher an den Zuschauer“ stehen sollen. Zuletzt waren da die Überlegungen, die „Tagesschau“ auf 30 Minuten auszuweiten (was auch immer daraus geworden ist, einen Sendetermin dafür gibt es jedenfalls noch nicht). Und auch das immer häufiger verwendete Format der Straßenumfrage ließ bei vielen den Eindruck entstehen, die Fernsehnachrichten würden weicher, seichter, gefühliger. Zuletzt hatte die Chefin von Antenne Bayern, Valerie Weber, im SZ-Interview sogar gesagt: „Menschen haben Angst vor Nachrichten.“ Und Jörg Schönenborn, Programmdirektor beim WDR, erklärte noch vor ein paar Wochen im Deutschlandfunk, ein Vorteil der Idee mit der längeren „Tagesschau“ sei, dass „ich mich als Durchschnittszuschauer stärker wiederfinden kann“. Das kann nach gut eingeordneter Information klingen, aber auch nach Homestory.
https://www.sueddeutsche.de/medien/ard-tagesthemen-jens-riewa-nachrichtenblock-li.3263978
ARD-„Tagesthemen“ : Weniger Nachrichten, mehr erklären
Die ARD schraubt weiter an ihren Nachrichtensendungen herum. Sie testet eine auf eine halbe Stunde verlängerte „Tagesschau“, die zumindest zu Wochenbeginn am Montag laufen könnte. Und sie lässt, wie der Nachrichtensprecher Jens Riewa auf Social Media durchgab, bei den „Tagesthemen“ am Wochenende den bisherigen, von einem zweiten Sprecher vorgetragenen Nachrichtenblock weg. […]
Der Zweite Chefredakteur von ARD-aktuell, Helge Fuhst, sagte, „alle Nachrichten“ blieben erhalten, sie würden „nur nicht durch einen zusätzlichen Sprecher vorgelesen. Stattdessen werden Filme eingespielt, oder die Moderatoren der Sendung präsentieren die Themen.“ Man wolle das Modell im Sommer verstärkt testen und anschließend auswerten. „Wir wollen Erkenntnisse darüber sammeln, wie wir den Nachrichtenblock bei den ,Tagesthemen‘ an Wochenenden auch künftig gestalten.“
Alle Nachrichten bleiben erhalten? Nun, es bleibt abzuwarten, in welcher Form die „Tagesthemen“ die wichtigsten Ereignisse des Tages künftig behandeln wollen. […]
So sieht man wieder, wie schnell die Empörung in den sozialen Medien hochkochen kann, aber die Sache wirft noch andere Fragen auf. Warum lässt der NDR, in der ARD zuständig für die „Tagesthemen“, Jens Riewa eine solche Änderung so nebenbei verkünden? Und wäre der fehlende Nachrichtenblock überhaupt jemandem aufgefallen – es war ja bislang auch schon ab und an so –, hätte der Chefsprecher nun nicht explizit darauf hingewiesen? Mit der Haltung, wir gehen mit der Zeit und verkünden News via Selfiestick und Instagram, ist man beim NDR jedenfalls nicht an die Neuerung herangegangen. Die Taktik stammt von Jens Riewa, der eine Anfrage am Mittwoch unbeantwortet ließ.
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Quelle: DIMBB Medien