Nach Ankündigung des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), in den kommenden drei Jahren mindestens 160 Millionen Euro einsparen zu wollen, wehren sich nun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Investigativ-Redaktion gegen die Pläne. Am Montag wurde ein offener Brief veröffentlicht, in dem statt Kürzungen ein Ausbau der Abteilung „Politische Magazine und Reportagen“ gefordert wird. Unterschrieben ist das Statement von 26 Erstunterzeichnenden und gut 300 Unterstützerinnen und Unterstützern.
„Angesichts der zunehmend ausgedünnten Medienlandschaft in Ostdeutschland und der komplexen gesellschaftlichen und politischen Situation in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt braucht es mehr denn je einen journalistisch starken MDR – und seine fundierten, tiefgehenden Recherchen und kritischen Nachfragen. Das ist es, was diese Redaktion seit vielen Jahren in ihren verschiedenen Formaten leistet“, heißt es in dem Dokument.
Die Recherchen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien unverzichtbarer Bestandteil des MDR-Programm und Kernelement des öffentlich-rechtlichen Auftrags. […]
Laut Angaben im offenen Brief soll Politikmagazin „Exakt” von 44 auf 21 Sendeplätze gekürzt werden. „Damit würden ab Januar 2025 jährlich rund 70 acht- bis zehnminütige Beiträge wegfallen, die relevante regionale Themen und Ereignisse abbilden und analysieren.“
Der Brief ist von 26 Mitarbeitern der Redaktion politische Magazine und Reportagen sowie freien Autoren unterzeichnet. Zudem sind rund 300 Unterstützer aufgelistet. „Angesichts der zunehmend ausgedünnten Medienlandschaft in Ostdeutschland und der komplexen gesellschaftlichen und politischen Situation in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt braucht es mehr denn je einen journalistisch starken MDR – und seine fundierten, tiefgehenden Recherchen und kritischen Nachfragen.“
In dem Brief weisen die MDR-Mitarbeiter auch auf den Weggang junger Kollegen hin: „Wir erleben, dass junge Autorinnen und Autoren angesichts der Kürzungspläne ihre journalistische Zukunft nun nicht mehr beim MDR sehen.“
„Die investigative Recherche im MDR war bereits von Kürzungen und Umstrukturierungen betroffen:
Ab 2009 arbeitete ein crossmediales Rechercheteam übergreifend für Sendungen und Ausspielwege im gesamten MDR. Das Team unterstützte einerseits Redaktionen bei komplexen Recherchen und setzte andererseits eigene Recherchen in unterschiedlichen Sendungen und Formaten um, so unter anderem bei “exakt”. 2023 wurde das Rechercheteam personell zunächst um die Hälfte gekürzt. Zum Jahresbeginn 2024 sind die verbliebenen zwei Stellen auf die Redaktion Politische Magazine übergegangen, allerdings ohne das Budget der Redaktion anzupassen. Das heißt, diese beiden Stellen werden aus dem vorhandenen Budget zusätzlich finanziert – was de facto einer weiteren finanziellen Kürzung im Bereich der Recherche gleichkommt.
Wir fürchten um die publizistische Schlagkraft des MDR, um die Erfüllung unseres öffentlich-rechtlichen Auftrags und nicht zuletzt um das Vertrauen unseres Publikums. Daher fordern wir Sie auf, die geplanten Kürzungen zurückzunehmen. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen braucht es mehr statt weniger investigative, regionale politische Berichterstattung.
Gern stehen wir Ihnen jederzeit für ein Gespräch darüber zur Verfügung, wie wir gemeinsam die regionale Investigation besser innerhalb des MDR vernetzen und stärken können.“
Offener Brief
https://www.djv.de/startseite/service/news-kalender/detail/news-keine-kuerzungen-beim-mdr
MDR-Stellungnahme zu offenem Brief von Investigativ-Kolleginnen und -Kollegen
[…] Über die Informations-Angebote der Redaktion Politische Magazine und Reportagen (Programmdirektion Leipzig) hinaus gibt es weitere investigative Recherchen und Angebote aus anderen Bereichen des MDR – beispielsweise aus den Landesfunkhäusern in Erfurt, Dresden und Magdeburg, sowie aus der Programmdirektion Halle, und zwar nicht nur im linearen Fernsehen, sondern crossmedial. Recherchen aus dem ganzen MDR haben in den vergangenen Jahren Nominierungen, Preise und Auszeichnungen erhalten.
Im Rahmen der für den MDR erforderlichen und bereits kommunizierten Einspar-Notwendigkeiten gab es nun einen ergänzenden Vorschlag aus der Redaktion Politische Magazine und Reportagen selbst für die Zeit ab 2025. Im Zuge dessen wird die Investigation im Digitalen mit Blick auf jüngere Zielgruppen gestärkt: bislang sendete der MDR sein politisches TV-Magazin „exakt“ wöchentlich, das digitale Investigativ-Format „exactly“ wurde 14-täglich veröffentlicht. Dieser Rhythmus wird künftig umgekehrt: „exactly“ wöchentlich und „exakt“ 14-täglich. Zudem sind für regionale investigative Inhalte auch immer die tagesaktuellen Formate des MDR eine Ausspielfläche.
Diese Umstellung wird in unserer Gesamtbetrachtung für den ganzen MDR demnach nicht zu Abstrichen für investigative Inhalte führen. Vielmehr wollen wir in Zukunft die Vernetzung der investigativ arbeitenden Redaktionen im MDR direktionsübergreifend und crossmedial verbessern. Dabei sollen auch redaktionelle Doppelstrukturen abgebaut werden.
Die Bedeutung des Investigativ-Journalismus für den MDR zeigt sich auch daran, dass der MDR künftig innerhalb der ARD für die Kuratierung des Themenfelds „Investigation“ in der ARD Mediathek verantwortlich sein wird.
https://www.mdr.de/presse/stellungnahme-offener-brief-100.html
Quelle: DIMBB-MEDIEN-News